Soft And Messy
exitSoft And Messy zeigt queerfeministische, aktivistische Perspektiven im Design auf – mit dem Ziel ein neues Bewusstsein zu schaffen und patriarchalen und diskriminierenden Strukturen im Design den Rücken zu kehren. Das monatlich erscheinende Posterzine von Camilla Schröer soll leicht zugänglich ein erstes Bewusstsein wecken, um uns einer Zukunft des Designs aus queerfeministischer, dekolonialisierter und nachhaltiger Perspektive einen Schritt näher zu bringen.
Gestaltung formt unsere Welt. Genau aus diesem Grund ist es unsere Verantwortung als Designer*innen Themen reflektiert, solidarisch und diskriminierungsfrei umzusetzen. Wir müssen lernen sowohl die vorhandenen Strukturen im Design als auch unsere eigene Position kritisch zu hinterfragen. Nach welchen Werten wollen wir gestalten? Warum sind es hauptsächlich männliche Figuren, die uns im Studium nahegebracht werden? Sollten Werte wie „Objektivität“ und „Neutralität“ in der Gestaltung noch immer der Maßstab für „gutes“ Design sein? Warum liegt der Fokus in dieser Branche noch immer auf einzelnen Star-Designer*innen anstatt die Designpraxis als etwas Kollektives anzuerkennen? Und warum sind die Führungspositionen und Professuren immer noch viel häufiger von Männern als von Frauen besetzt? Mit Soft And Messy wollen wir uns diesen Fragen stellen, uns vernetzen, careful miteinander sein, verschiedene Perspektiven miteinbeziehen, Sichtbarkeit schaffen und feministische graphic Strategies vorstellen.




KOLLEKTIVE 01 – Durch den Individualismus im Design wurden Frauen in der Vergangenheit aus der Geschichte des Designs ausgegrenzt. Auch die Bandbreite an Kommunikation, Ausdruck, Konzepten und Techniken geht durch den Fokus auf das Individuum verloren. In kollaborativen Arbeitsprozessen mit mehreren Perspektiven, Ideen und Skillsets lassen sich im kreativen Prozess ein viel größeres Potential und spannendere Ergebnisse erzielen.


Gemeinschaft verstärkt schon immer die Identifikation und Bindung zu feministischen Anliegen und Zielen. So haben sich auch schon in der Vergangenheit Kollektive gegründet um während der Frauenbewegung feministische Anliegen vorzubringen. Ein Beispiel ist das „Chicago Women’s Graphic Collective“. Sie haben von 1970 bis 1983 tausende feministische Poster für die wachsende Frauenbewegung gestaltet und gesiebdruckt. Sie griffen in ihren Postern unterschiedlichste feministische Themen wie Abtreibung, Gesundheit von Frauen, lesbische Liebe, Frauen auf dem Arbeitsmarkt, gegenseitige Unterstützung, Sexismus, Vergewaltigung und vieles mehr auf. Ihnen war wichtig, dass die Poster immer in kleinen Teams und nicht alleine hergestellt wurden. Die Namen der Designerinnen sind meistens nicht auf den Postern zu finden. Damit wollte das Kollektiv gegen den „von Männern gemachten Egoismus“ in der Kunst vorgehen – sie nannten es „individual the ‚great men of art‘ syndrom“. Auf diese Weise wurden die einzelnen Designerinnen in einen kollektiven Kunstprozess integriert.


POWERTOOL 02 – Mit der Frauenbewegung ab den Sechziger Jahren wurde auch Grafikdesign vermehrt als Waffe gegen das Patriarchat eingesetzt. Frauen konnten ihren Forderungen und Visionen über Plakate ein Gesicht geben. Da Design immer im Auge der Öffentlichkeit geschieht, ist es ein ideales Werkzeug, um unser Bewusstsein zu formen.


„Riot Grrrls“ war eine feministische Bewegung in den Neunziger Jahren. Sie nutzten Zines – selbstgestaltete, fotokopierte Magazine –, um auf Sexismus in der Punkszene aufmerksam zu machen und um eine neue Gesellschaft zu schaffen, die Frauen gleichberechtigt respektiert. Die Zines trugen wesentlich zur transnationalen Vernetzung und Verbreitung ihrer Gruppe und ihrer Anliegen bei. Laut dem Canadian Newspaper sind bis 1993 über 40.000 Zines des Kollektivs veröffentlicht worden.


MESSY HISTORY 03 – Die Geschichte des Designs wird von einer männlichen und weißen Weltanschauung dominiert. Frauen kamen zwar auch früher schon oft mit Design in Berührung. Ihre Perspektiven wurden aber größtenteils ignoriert oder sie wurden nur im patriarchalen Kontext erwähnt. Frauen waren „Musen“. Männer „Erschaffer“.




MODERNISMUS 04 – „Gutes“ Design beruht auf Funktionalität, Sachlichkeit und Einfachheit – so wird es uns oft beigebracht. Dieses gestalterische Ideal, entstanden unter den Einflüssen des späten 19. und 20. Jahrhunderts bringt die Dominanz einer westlichen und männlichen Weltauffassung zum Ausdruck und somit diskriminierende Strukturen wider.


Wir lernen im Studium, dass „gute“ Gestaltung Informationen schnell und eindeutig kommuniziert. Den Einfluss, den der Modernismus ab den 1920er Jahren auf Design hatte bietet bis heute noch die Grundlage für „gutes“ Design. Er beruft sich auf das gestalterische Ideal von Funktionalität, Sachlichkeit und Simplizität und bringt damit aber – unter den Einflüssen des späten 19. und 20. Jahrhundert entstanden – die Dominanz einer westlichen und männlichen Weltauffassung zum Ausdruck. Durch die Vereinfachung wird meist nur der „male tone“ widergespiegelt und untergräbt somit tendenziell die Stimmen von weiblichen Erfahrungen. Es ist an der Zeit diese Vereinfachungen kritisch zu hinterfragen und in inklusivere, diversere Richtungen zu denken.


PERSPEKTIVEN 05 – Um verantwortlich zu gestalten, ist es wichtig seine eigenen Privilegien zu reflektieren und sich seiner „Blind Spots“ bewusst zu werden. Dazu gehört sich mit Ungerechtigkeiten und den Perspektiven verschiedener Lebensrealitäten auseinanderzusetzen, um so dann solidarisch für Gerechtigkeit und Gleichberechtigung zu kämpfen.